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Anton Wildgans
Herbstfrühling
. 1. Auflage 1909
Der blinde Seher
Gestützt auf seinen Knaben wandelt er,
Ein welker Greis, gebrochen, bleich und blind
Und so in sich gesenkt, wie Blumen sind,
Die längst verblüht, verkapselt, ohne Wehr
Und teilnahmslos geschmiegt in jeden Wind.
Nur manchmal, wenn sie ratlos, rufen ihn
Die Könige; dann schreitet er allein
Zu ihren Zelten durch der Krieger Reih'n
Und fühlt von Schilden, Waffen und Geschien
Des Erzes kühlen Hauch und Widerschein.
Dann schlachten Rinder sie auf sein Geheiß,
Und Eingeweide, zuckend, warm und bar,
Dampfen empor vom blutigen Altar -
Er aber, hehrer Seher, nimmer Greis,
Sagt ihnen Ruhm und nahe Siege wahr.
Und hört, wie rings die feste Erde klirrt
Von ihrem Sturm und schwerer Waffen Drohn.
Von seiner Stirne aber brechen schon
Die Flammen auf, in die versinken wird
Das heilige und hohe Ilion.
Anton
Wildgans . 1881 - 1932
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