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Anton Wildgans
Herbstfrühling
. 1. Auflage 1909
Verlorene Stunden
Da kam der Abend wieder über Dächer
Wie eine Woge blau und tief heran.
Der Straßenlärm rollt fernerher und schwächer,
Und seinen dunkeln Diamantenfächer
Hat sacht der Himmel wieder aufgetan.
Und diese Wände, die lebendig waren
Von deines Plauderns weichem Kinderklang,
Und dieses Kissen, das von deinen Haaren,
Den aufgelösten kühlen, wunderbaren,
Den Duft des jungen Lebens trank,
Und dieser Blumen banges Lichtverlangen
Aus schlanker Vase grünem Dämmergrund -
All dies ist tot, seit du von mir gegangen,
Indes die Aveglocken traurig sangen
Ein Schlummerlied für Herzen, müd und wund.
All dies ist tot und wird nicht mehr erwachen;
Denn Stunden gibt es, die wie Geigen sind,
Die nimmer klingen, wenn sie einmal brachen,
Und Stunden sind, die wie verlorne Nachen
Zum Ufer treibt nicht Woge mehr und Wind.
Und wir, die Arme hilflos ausgebreitet,
Auf wüstem Eiland stehen wir gebannt
Und fühlen bang, wie rings die Flut sich weitet
Und daß der Felsen unter uns zergleitet:
Himmel und Wasser - weit und breit kein Land..
Anton
Wildgans . 1881 - 1932
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