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Gedichte, Lyrik, Poesie

Dreiklang
162 Bücher



Klabund
Dreiklang . 1. Auflage 1920



II. Der schwarze Gott

I

Ich bete.
Ich brülle
Wie ein Stier.
Meine Zeit! Meine Jahre!
Zu dem ich flehe:
Er heisset Gott
Er ist mein Gott
Mein Glücklicher.


II

Eidechs
Da hast du meinen kleinen Zahn
Meinen Milchzahn.
Gib mir einen deiner Drachenzähne dafür
Dass ich männlich
Und mannbar
Bald beisse
Dem Feinde in die Kehle
Und der Feldmaus den Kopf ab.


III

Du Eidechse Grossmutter
Bleib still
Bleib liegen
In der süssen Sonne
Die schmeckt wie wilder Wein
Der alten Frau.


IV

Igel
Stachliger
Stich nicht
Den Streichler
Deinen Freund.
Leg nieder die Lanzen.


V

Ich lag bei schwarzem Mädchen
Auf Bastgeflecht
In Hütte
Oder am Bach im Kraut.
Wir liebten uns wie Schnecken.


VI

Wo weilt unsere Kuh?
Wo eilt unsere Kuh -
In welche Wüste?
Weite?

Ich bin einsam
Wie ein Kälbchen
Ohne Kuh
Und blöke:
Nach meiner Milch
Nach meiner Mutter
Nach meiner Kuh.


VII

Käfer
Geh auf den Mist!
Schuppiger!
Struppiger!
Den Rat den geb ich dir
Du Unrat!
Frissest ja
Den Dreck
Und schläfst darin
Und liebst darin
Und stirbst darin.


VIII

Schwarzer Gott!
Ho!
Wasser!
Gehörnter
Irdischer
Gib Wasser
Ho!
Dem schwarzen Mann!


IX

Mein Jahr meine Sonne mein Gott
Lenana ist meine Leuchte und mein Gelächter
Zauberer! Zarter!
Ich zeige dir die leeren Kraale
Sie voll Getier zu zaubern
Voll Ochs und Stier.


X

Wenn Mann geht durch Wald
Immer allein
Sonne gross
Am Kreuzweg
Kreuzt seinen Weg
Neigt sich golden
Gruss dem Mann.
Dennoch Wurzel
Fasst seinen Fuss
Und Schlinggewächs
Die Arme
Und Schlange
Schillert.
Das Aug im Licht
Den Arm im Schlinggewächs
Den Fuss im dunklen Moos
So lebt der arme Mensch
So wandert armer Mensch
Von Wald zu Wald.


XI

Morgenstern!
Sorgenstern!
Die Milch ist geronnen in unseren Kalebassen
Und das Gras gedörrt in unseren fiebrigen Händen
Wo sind die kühnen Krieger?
Die jauchzenden Jünglinge?
Sie sind gezogen im Gespan des Krieges
Dahin dahin.
Aber sie werden dröhnen
Über die schweigende Erde
Im dampfenden Mittag.
Sie werden saufen die saure Milch
Sie werden fressen das dürre Gras
Aus unsren magren Händen
Die Heldischen!


XII

Ich habe dich gerufen
Göttlicher
Dass du mir behütest
Mein Vieh und meine Kinder.
Im Morgen licht
Im Abendrauch
Bin ich gekrochen
Zu dir.
Ich habe gerufen
Ich habe geschrien
Aber du
Gingest gross
Vorüber.
Ich habe geschluchzt
Ich habe geweint
Nun hebe nicht die Hand
Und murmle:
Ich bin müde
Des vielen Tuns
An deinen Vätern.

Du in der Höhe
Vertiefe dich!


XIII

In Gottes Hand der Mensch ist
Ein Stein oder ein Halm.
Denn verschieden sind
Der böse Gute und der gute Gute.
Der Priester predigt:
Verschieden sind
Der böse Gute und der gute Gute.
Die Priester predigen:
Verschieden sind
Der böseste Beste und der beste Beste.
In Gottes Hand der Mensch ist
Ein Stein oder ein Halm.


XIV

Ho heckte
Tausend.
Ho hockte
Hundert.
Ho hackte
Zehn.
Ho hinkte
Eins.


XV

Grauer Gott:
Gib Gut!
Dunkler Gott:
Gib Haus.
Schwarzer Gott:
Gib Milch.
Lichter Gott:
Gib Licht.
Segne Kuh
Kind
Weib.


XVI

Mädchen gräbt nach Zwiebeln.
Kadegénzule der grosse Wandrer
Geht vorbei
Pfeift und flötet
Lächelt auf der Laute.
Mädchen wendet sich
Und zeigt die Brüste
Zeigt die Zwiebeln:
Wanderer nimm die Zwiebeln aus der Hand
Eines schwarzen Mädchens
Deiner Magd.
Kadegénzule
Nimm die Zwiebeln!
O - a - he
Nimm die Zwiebeln!
Kadegénzule!

Mädchen schwarzes Mädchen meine Erde
Liegt so weit von hier wie Mond und Sonne.
Über tausend Hügel musst du schreiten
Findest abertausend tausend Hügel.
Hast den letzten Berg du überschritten
Schlankes Mädchen bräunliche Gazelle
Wird ein dunkler Wald dich rauh umarmen.
Und im Wald auf einem Thron von Wurzeln
Schwarzes Mädchen
Wurzel werk und Werk von wilden Wurzeln
Wirst du thronen sehen
O - a - he
Grossen Wandrer
Kadegénzule.


XVII

Ihr Schwestern der schön gezierten
Dickbäuchigen Mutter.
Wir wollen uns schmücken
Die schlanken Hüften,
O unser Jubel!
Leuchtkäfer!
Wenn ihr das Kind
Von den Schenkeln fällt
Wie Affendreck
Damit sie ihre Wiese düngt.


XVIII

Gott den ich rufe
Schenk mir einen Sohn!
Ein Sohn muss es sein
Ein Sohn
Braun wie die Ameise
Und hurtig wie die Antilope
Duftend wie Salbei.
Dich allein Gott rufe ich
Jede Sonne
Jeden Mond.
Wenn der Morgenstern errötet
Bist du mein Gedanke
Wenn der Abendstern erbleicht
Bist du mein Sinn.
Ich rufe dich
Du lauschest mir
Gebieter der Wohlgerüche
Und der hüpfenden Lichter.
So hüpft mein Kind mir im Leib
Wie ein Stern in deiner Hand.


XIX

Grashalm zwischen meinen Lippen summt
Sumsum.
Kleines Heupferd
Zieht mein Wägelchen,
Sumsum.


XX

Die kleine Taube
Ist noch ganz nackt.
Hat noch keine Federn.
Findet noch keine Würmer.
Fällt
Vom Baum
Aus der Welt
Aus dem Nest.

Wenn sie wird Federn haben
Wenn sie wird Würmer finden
Wenn sie ihr Nest wird wissen -
Wird sie nach Europa fliegen.


XXI

Ich bin ein Ewemann.
Ja du bist ein Ewemann.
Ich erzähle euch eine Geschichte.
Ja du erzählst uns eine Geschichte.
Eine Geschichte die wahr ist.
Eine Geschichte die wahr ist.
Hört!
Wir hören!
Es war einmal eine Spinne
Die spann ein Netz um den Mond.
Der zappelte darin wie eine goldene Fliege
Und brummte.
Sie saugte ihm alles goldene Blut aus dem Leib
Alles Licht
Bis er dunkel ward
Da ward er
Zur
Erde. -
Du lügst Ewemann.
Ich lüge nicht Eweleute.
Gestern hat mir eine uralte Frau diese Geschichte erzählt.
Sie hat mir geschworen dass sie wahr sei.


XXII

In der Abendsonne
Sang der Silberne.
Im Morgen
Dämmerte Schwestergold.

Bruder am Mittag.
Am Nachmittag dann viele.
Die Tausende
Das Volk.


  Klabund . 1890 - 1928






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