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Gustav Falke
Das
Leben lebt . 1. Auflage 1916
Auf Urlaub
Erzählen soll ich, wie's gewesen?
Schön war es nicht. Geht selber hin!
Ich möchte von dem Druck genesen,
so lang ich in der Heimat bin.
Erzählt mir lieber, wie's zu Hause
gewesen, als ich draußen war.
Lebt noch der Spitz vom Nachbar Krause,
pfeift bei der Laube noch der Staar?
Wie sieht's im Garten aus? Die Bohnen,
wie sind sie heuer, und das Kraut?
Wird sich die Apfelernte lohnen?
Und habt ihr schon den Stall gebaut?
Wie oft, wenn ich im Schützengraben
im Feuer der Granaten lag,
dacht ich an unsre Honigwaben,
und wie's den Kühen gehen mag.
Nun gönnt mir diese Feierstunden
und laßt mich unsre Hühner sehn,
anstatt noch mal durch Blut und Wunden
und allen Graus mit euch zu gehn.
Schön war es nicht, das könnt ihr glauben,
doch Krieg ist Krieg, und Pflicht ist Pflicht!
O seht, sind das des Nachbars Tauben?
So schön wie unsre sind sie nicht.
Oft in der Nacht aus heißen Träumen
sah ich empor und rief Hurra!
Und kein Gefecht möcht ich versäumen,
bei Gott, und kein Viktoria!
Doch jetzt erzählen? Nimmer! Nimmer!
Ihr wißt nicht, wie mir davor graut.
O seht, im goldnen Sonnenschimmer
wie schön die liebe Heimat schaut.
Tief trink ich ihren süßen Frieden
aus Morgenrot und Abendrot
und geh für sie, ist's mir beschieden,
noch mal so freudig in den Tod.
Gustav
Falke . 1853 - 1916
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