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Frohe Fracht
162 Bücher



Gustav Falke
Frohe Fracht . 1. Auflage 1907



Der Ritter

Der Ritter zieht durchs Land allein.
Will keiner mit ihm streiten?
Im Morgen- und im Abendschein
Blitzt ihm sein Schwert zur Seiten.
Ein hoher Mut schwellt ihm die Brust,
Kühn wie einst Alexandern,
Hätt auch auf beide Indien Lust,
Doch trabt er jetzt durch Flandern.

In Flandern liegt ein Dunkelforst,
Zehn Meilen in der Länge,
So recht ein Raub- und Bärenhorst,
Voll Höhlen, Schlich und Gänge.
Der Ritter lenkt sein Roß hinan
Und wittert Ruhm und Ehre,
Packt seinen Flamberg fester an
Zum Angriff und zur Wehre.

Kaum streift das erste Laub den Helm,
Und rührt sein Panzereisen,
Springt hinterm Busch her schon ein Schelm,
Ihm seinen Spieß zu weisen.
Ein schöner Anfang! Hieb und Stich!
Daß rings die Blätter fliegen.
Den Schelm zerbläut er jämmerlich
Und läßt am Weg ihn liegen.

Ein zweiter noch, ein dritter noch,
Doch tief in Waldesschauern
Gerät er erst ins rechte Loch,
Wo Tod und Hölle lauern.
Gleich sieben dringen auf ihn ein,
Des Hauptmanns gelbe Feder
Schwankt schreklich her im Mondenschein
Und teuflisch grinst ein jeder.

Der Ritter tobt, als sähen ihn
Bereite Barden raufen,
Ihm gleich in vollen Melodien
Unsterblichkeit zu kaufen.
Vier büßen ihre Hälse ein,
Zwei andre Nas und Ohren,
Der letzte läuft davon mit Schrein,
Sonst war er auch verloren.

Ihr Heiligen, keucht der Ritter, dank!
Das bleibt euch unvergessen.
Er kniet auf blutiger Rasenbank,
Gelobt zehn fromme Messen.
Drauf steigt er wieder frisch zu Roß
Und reitet stracks von dannen,
Des Morgens rote Glorie floß
Schon leuchtend durch die Tannen.

Und als er kommt ins flache Land,
Sein Schimmel steigt vor Schrecken,
Ein Häslein setzt vom Grabenrand
Querein durch Feld und Hecken.
Ein ganz klein Häslein ist es nur,
Doch machts die Stute grauen,
Sie bäumt vor Angst steilauf und stur,
Die Vorderfüße hauen.

Der Ritter liegt am staubigen Knick,
Sein gutes Schwert im Graben,
Sein Eisen brach ihm das Genick
Und schenkte ihn den Raben.
Was nützt uns alle Kühnheit denn
Und Mut gleich Alexandern,
Fällt unsern Traum von Indien
Und uns ein Has in Flandern.


  Gustav Falke . 1853 - 1916






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