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Gustav Falke
Frohe
Fracht . 1. Auflage 1907
Der Sieger
Mitternacht. In matt erhelltem Zelt
Prüft der Feldherr noch allein in stummer
Arbeit seinen Plan und wehrt dem Schlummer.
Morgen würfelt er um eine Welt.
Und aus seiner Siege stolzem Kreis
Tritt der neue, göttergleich gebildet,
Ihm entgegen, trotzig, erzgeschildet,
Um den Helm ein blutig Lorbeerreis.
Ihn berückt die heldische Gestalt,
Aus der eignen Seele traumgeboren:
Morgen siegst du! - Da, ins Zelt verloren,
Trifft ihn jäh ein Windstoß, hart und kalt.
Nach dem Vorhang zürnt sein Blick zurück:
Wer da? - Schweigen. Dumpf verhallende Schritte.
Rondenruf. - In seiner Wachen Mitte
Ist er sicher. Und ihn schirmt sein Glück.
Doch die leuchtende Erscheinung schwand,
Trüber scheint die Kerze ihm zu brennen,
Und die Augen, die nichts mehr erkennen,
Rührt der Schlaf jetzt an mit schwerer Hand.
Knisternd flackt das Licht und zuckt und zischt,
Schatten lösen rings sich von den Wänden,
Einer neigt sich mit Beschwörerhänden
Uebers Feldbett, und das Licht erlischt.
Eine Stimme, fremd und feierlich,
Raunt durchs Dunkel, wie aus weiter Ferne:
Morgen siegst du, bau auf deine Sterne,
Doch der deine Schläfen kränzt, bin ich.
Gustav
Falke . 1853 - 1916
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