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Gustav Falke
Frohe
Fracht . 1. Auflage 1907
Der Trommelgraf
Dem Markgrafen Ludwig von Hessenland
Ging nichts über Trommeln und Pfeifen,
Wers Trommeln und Pfeifen am besten verstand,
Den schmückte die Durchlaucht höchst eigener Hand
Mit ihrem farbigsten Ordensband,
Und rings am Gewand
Prunkten silberne Schnüre und Streifen.
Doch tatens nicht Trommeln und Pfeifen allein,
Herr Ludwig hatt kräftige Ohren,
Und schmetterten noch die Trompeten darein,
Es durften nicht unter fünfzig sein,
Dann rief er: " Wie herrlich! Wie klingt das doch fein!
So hell und so rein!"
Und fühlte wie neu sich geboren.
Doch wehe, wenn einer piano blies!
- pianissimo machte ihn rasen -
Herr Ludwig den Sünder kommen ließ
Und nahm ihn sich vor und knuffte und stieß
Und ranzte ihn an "Er Esel!" und hieß
- "Nun merk er sich dies!" -
Ihn ein Stündchen fortissimo blasen.
"Was soll mir Musik die nicht klingt und nicht kracht,
Daß die Seele im Leibe erzittert!"
Herr Ludwig liebte nicht sanft und nicht sacht,
Sein Leiblied war eine lärmende Schlacht,
Von hundert Trommeln und Pfeifen vollbracht.
Wie hat er gelacht,
Wenn es klang, wie vom Himmel gewittert.
Schon morgens zum Kaffee gings Schnetterenteng,
Zum Lunch ein Bumbumstück mit Picceln.
Die gräflichen Nerven bracht nicht ins Gedräng,
Zu mittag zehn Märsche, Posaunengepräng,
Natürlich mit Trommeln die schwere Meng,
So mußt aus der Eng
Jeder Tag sich ins Weite entwickeln.
Und ging es des Abends ins gräfliche Bett,
Acht Tamburn traten zur Kammer.
Und paukten der Durchlaucht ein Nachtoktett,
Als war jedes Kalbfell ein eichenes Brett.
Es schlugen die Braven den Bettmarsch als hätt
- Drum klangs auch so nett -
Ein jeder als Schlägel zwei Hammer.
Und eh unterm letzten Fortissimo-Krach
Noch ein schwächliches Fellchen zersprungen,
Da war schon Herr Ludwig längst nicht mehr wach
Und lag unterm seidenen Himmelsdach
Und schnarchte, das machte kein Tambur ihm nach,
Es wäre mit Schmach
Dem kecken Rivalen mißlungen.
Herr Markgraf Ludwig von Hessenland,
Laut sei ihm getrommt und gepfiffen,
Als endlich vorm seligen Ende er stand,
Da hat er noch mal nach den Trommeln gesandt,
Nach den Trommeln allein, und mit zitternder Hand
Und im Nachtgewand,
Nach dem Tamburmajorstab gegriffen.
"Nun Kinder noch einmal. Das Ohr wird schon schwach.
Drum forte fortissimo alle!
Beim Wirbeln der Trommeln, ein brausender Bach,
Durchbreche die Seele das irdische Dach
Und stürme den glorreichen Ahnen nach,
Mit Kling und mit Krach,
Hinauf in die himmlische Halle!"
Da standen sie alle, wohl fünfzig Mann,
Und ließen die Schlägel sausen.
Nie kams auf ein elendes Kalbfell an,
Heut setzt ein jeder das seine daran,
Das war ein herrliches Pauken dann,
Viel Schweiß verrann,
Das war ein Donnern und Brausen.
Herr Ludwig sank in die Kissen zurück
Und röchelte: forte doch! forte!
Da barsten die Trommeln Stück für Stück,
Da verklärte sein Antlitz ein leuchtendes Glück,
Wie ein Sieger betrat im Triumph er die Brück,
Die himmlische Brück,
Unter wirbelnder Trommeleskorte.
Und als sie ihn legten ins Grab hinein,
Noch einmal ein Schmettern und Drommen,
Trompeter und Pfeifer und Trommler in Reihn,
Sie zogen voraus, der Sarg hinterdrein,
Und jeder Tambur hatt, ein bei ein,
Stolz warf er das Bein,
Eine neue Trommel bekommen.
Gustav
Falke . 1853 - 1916
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