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Gustav Falke
Hohe
Sommertage . 1. Auflage 1902
Ritornelle
Weiße Syringen.
Ein schlankes Mädchen weint im Frühlingsgarten,
Ich kann das Bild nicht aus der Seele bringen.
Gelbe Narzissen.
Ein Feuerfalter ward vom jähen Winde
Gleich einem Funken eurem Schoß entrissen.
Rote Rosen.
Das Dämchen nahm euch kühlen Danks entgegen;
Ihr sterbt nun gleich Verirrten, Heimatlosen.
Dunkle Cypressen.
Ein schwarzer Schatten fällt auf meine Straße:
Ich kann die goldnen Tage nicht vergessen.
Apfelblüte.
Ist es das Vorgefühl der künftigen Frucht schon,
Das wie mit holder Scham dich überglühte?
Lorbeerbäume.
So ernst, so schweigend, wie im tiefsten Sinnen -
Die schönsten Kränze schenken uns die Träume.
Goldregen.
Je mehr du protzst und prahlst mit deinem Glanze,
Je schwüler duftet mir dein Gift entgegen.
Immortellen.
Unsterblich sein, das heißt doch nur, ihr Zähen,
Langsamen Todes sterben, statt des schnellen.
Weinrebe.
Schlank, zartster Anmut, doch voll süßen Feuers,
Und schmiegsam. Ganz so will ich jede Hebe.
Blutrote Georginen.
Der Bauerndirne, dem verschämten Schelme,
Müsst, völlig täuschend, als Versteck ihr dienen.
Weiße Winden.
Um toten Dornbusch? Ach, ihr Schwachen müsst ja,
So will's Natur, an irgend was euch binden.
Stachelbeere.
Reif lieb ich dich nicht mehr, doch hart und herbe
Weckst du den Wunsch: wenn ich ein Kind noch wäre!
Gustav
Falke . 1853 - 1916
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