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Gustav Falke
Mit
dem Leben . 1. Auflage 1899
Das Trio
Auf meinem Schreibtisch, rechter Hand
Vom Tintenfaß, stehen drei hübsche Sachen,
Auf jedes läßt sich mit etwas Verstand
Und Geschick ein Dutzend Verse machen.
Höchst ungleich die drei, und doch, ich mein',
Sie gehn auch in Ein Gedicht hinein.
Aus grünem Rahmen, goldverziert,
Lächelt ein Mädchengesicht mir entgegen,
Ein lieb Gesicht. Wer sein Herz verliert,
Pflegt nicht kritisch zu überlegen:
Süß! Schön! Reizend! Die ganze Welt
So wunderholdes nicht zweimal stellt.
Neben dem Bild ragt, zierlich und schlank,
Ein Blumenglas. Vor Wochen und Tagen
Hat täglich daraus frisches Rosengerank
Seine Arme um das Bild geschlagen.
Jetzt freilich stehts leer und mahnend: Putz
Mich einmal wieder, was bin ich sonst nutz?
Als drittes glänzt in dem Trio dann
Eine Lyra aus Nickel. Die kann ich nicht missen,
Ein Quecksilbersäulchen zeigt mir daran,
Obs warm oder kalt. Das will man doch wissen.
So that auch stets meiner Leyer Mund
Getreulich des Herzens Wärmegrad kund.
Überschau ich nun die drei,
Zieh das Facit bei dem Handel,
Fällt nur die alte Weisheit mir bei:
Alles auf Erden ist ein Wandel.
Zwischen warm und kalt, zwischen Wiege und Grab,
Pulst es ruhelos auf und ab.
Aber in allem Wechsel beharrt
Eines uns zum Trost indessen:
Erinnerung macht zur Gegenwart,
Was das Herz einmal besessen.
Wie auch das Quecksilbersäulchen mag stehn,
Ich will doch nach ein paar Rosen gehn.
Gustav
Falke . 1853 - 1916
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