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Gustav Falke
Mit
dem Leben . 1. Auflage 1899
Uhlands Frühlingslied
Die Lampe gießt ihr stilles Licht
Auf eines Buches weiße Blätter
Und überleuchtet ein Gedicht,
Draus blüht und sprüht ein Frühlingswetter.
Das laute Knistern im Kamin,
Das winterliche Musizieren,
Ist zu den Frühlingsmelodien
Ein wunderliches Harfenieren.
Da sitz' ich nun in lauter Blust
Und labe mich an süßen Düften,
Und draußen schläft die Blumenlust
Schon längst in den gefrorenen Grüften.
Und der einst mit Poetenlist
Den flüchtigen Frühling eingefangen,
Daß er nun ewig blühend ist,
Auch er ist schlafen längst gegangen.
Wär' nicht zu weit der Wanderpfad,
Ich schaufelte den Schnee, den losen,
Vom Hügel ihm und legte grad
Aufs Herz ihm einen Kranz von Rosen.
Doch ist er nicht darum in Not,
Man braucht sich nicht um ihn zu bücken,
Der selige Mann kann noch im Tod
Sich selbst die schönsten Kränze pflücken.
Und wo sein Lied den Funken gab,
Davon zwei Wangen heller glühen,
Da steigt er still aus seinem Grab,
Beglückt, wie seine Rosen blühen.
Du siehst ihn nicht und hörst ihn nicht,
Du spürst nur seines Geistes Weben,
Und über dich und sein Gedicht
Wacht leuchtend ein unsterblich Leben.
Gustav
Falke . 1853 - 1916
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