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Gustav Falke
Mit
dem Leben . 1. Auflage 1899
Von weißen Rosen
Das Glück teilt seine Rosen aus,
Macht auch wohl mal ein Kränzlein draus,
Aus roten, die gleich Sonnen glühn,
Aus weißen, die gleich Sternen blühn.
Der roten viel am Wege stehn,
Die weißen muß es suchen gehn.
Viel flinke Hände schickt es aus,
Hilfsenglein sucht von Haus zu Haus:
Ein Wunsch, von Herz zu Herz gedacht,
Ein Seufzer in verschwiegener Nacht,
Ein Thränlein, oder was es sei,
Gieb acht, flieg nicht daran vorbei!
Mein Garten ist voll weißen Glücks.
Das Englein siehts: Wie lieblich! Pflück's
Für sie, für die's in Blüte steht:
Ein Morgengruß. Ein Nachtgebet.
Ein Habdichlieb! Ein Denkedein! -
Ihm zittern vor Freude die Flügelein.
Und alle Rosen, die es fand,
Nimmt es in seine weiße Hand,
Und wo es nur ein Röslein nahm,
Sogleich ein anderes wiederkam.
So findets immer einen Flor
Für dich erblüter Rosen vor.
Da macht das Glück die Augen groß,
Hat einen überreichen Schoß:
Das langt ja bis zum jüngsten Tag,
Ob's Mädel den erleben mag?
Und geht es eh zum Himmel ein,
Bringt's lauter Rosen mit hinein!
Und sinnend sieht's, närrischer Traum,
Es schon vorweg im Himmelsraum:
Gar lieblich geht's mit seinem Kranz
Und überstrahlt der Engel Glanz.
Im Schürzlein hat es, weiße Pracht,
Ein Häuflein Rosen mitgebracht.
Als unversehns vor Gott es steht,
Ein Schreck ihm durch die Glieder geht.
Die Rosen fallen ihm aus dem Schoß,
Sogleich geschieht ein Wunder groß:
Was eben weiße Blüte war,
Wird eine lichte Bubenschar:
Ein Morgengruß. Ein Nachtgebet.
Ein Wunsch, der sich verschämt verrät.
Ein Thränlein, still in sich hinein.
Ein Habdichlieb. Ein Denkedein.
Die knieen, ein lieblicher Kranz, mit stumm
Gefaltenen Händchen um sie herum.
Der Herr, halb lächelnd, halb gerührt,
Ein seltsam Herzbewegen spürt.
Und ist kein Laut im Himmel d'rin,
Sehn alle auf die Holde hin.
Die steht verwirrt, verschämt - da fällt
Das Glück jäh aus der Himmelswelt.
Mein Englein kommt, sein Schelmblick lacht,
Mit einer neuen Rosenfracht.
Kein Märzgestöber fällt so dicht,
Wie jetzt ein Schnee herniederbricht.
Halt! ruft das Glück, weiß überschneit,
Das reicht für Zeit und Ewigkeit!
Gustav
Falke . 1853 - 1916
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