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Gedichte, Lyrik, Poesie

Mynheer der Tod
162 Bücher



Gustav Falke
Mynheer der Tod . 1. Auflage 1892



Die Teufelsbraut

Der Teufel auf die Erde ging,
Daß er sich eine Seele fing.
Da kam er an ein letztes Haus,
Sah grad ein junges Weib heraus.

Die hatt' ein schön und schier Gesicht,
Aber glücklich sah sie nicht.
Da sprach er sie gleich freundlich an,
Was man ihr hätt' zu Leid gethan,

Ach, sprach sie, wenn ich's euch auch sag',
Hilft mir doch nicht mein Weh und Klag.
Niemand kann stillen mein Begehr,
Und wenn's der Teufel selber wär.

Der Teufel spitzt die Ohren fein:
Vielleicht kann euch geholfen sein,
Vertraun zur rechten Zeit bringt oft
Heimlich Gewünschtes unverhofft.

Da merkte sie an Wort und Ton
Gleich, daß er sei der Höllen Sohn,
Wie denn die Weiblein stets, die schlaun,
Wissen gar bald ob wem zu traun.

Ein wenig schwül ward ihr und eng,
Hatte Bedenken eine Meng',
Aber, ob mit oder ohne Will',
Konnt' nicht das Mäulchen halten still.

So denn Herr Satan erfahren, was
Dem hübschen Aff verdarb den Spaß:
Ein weißes Haar hatt' ihr gezeigt,
Daß jeder Tag zu End sich neigt.

Sollt' alles einmal verloren sein,
Ihr voller Busen, ihr schwellend Bein,
Ihr Auge, das wie Kohle schaut,
Die weiße, sammetweiche Haut.

Das war nun kein besondrer Fall,
Drum grämen sich die Weiblein all',
Und manch' verblühende Jungfer bat
Schon heimlich um des Teufels Rat.

Der ließ auch diesmal sich herbei,
Zu zeigen, was alles möglich sei,
Wenn man nur keck und ohne Weil
Sucht an der rechten Thür sein Heil.

Versprach ihr auf sein Teufelswort
Ihre Schönheit sollte blühen fort,
So lange bis sie nicht verdröß'
Der Packt, den sie mit ihm jetzt schlöß.

Sollt' eine ewige "Jungfrau" sein
Mit glattem Antlitz und festem Bein,
Sowie sie aber Reu' verspürt',
Würd' sie vom Teufel heimgeführt.

Ei, dachte sie, der Handel lohnt.
Das Jungsein wird man bald gewohnt,
Der kommt wohl nie, der jüngste Tag,
Wo ich nicht leben und lieben mag.

So war der Handel denn geschehn,
Der Teufel hätte können gehn,
Doch juckt es ihn, von seinem Lohn
Ein Vorschmäcklein zu haben schon.

Ihr seid fürwahr, so hub er an,
Gefährlich jetzt für jeden Mann,
Da es denn wohl verzeihlich ist,
Wenn auch der Teufel sich vergißt.

Und legt ihr um die Hüften breit
Den Arm voll heißer Zärtlichkeit.
Mit sanftem Druck sie an sich zog,
Daß ihr ein Seufzerlein entflog.

Ihr war so seltsam gar zu Mut
Bei seiner höllischen Liebesglut,
Ließ still's geschehn, mit Augenschluß,
Dann gab er ihr den Teufelskuß.

Noch lang, nachdem er von ihr ging,
Sie spürte, wo er sie umfing.
Wie Feuer brannte ihr der Mund,
War fast von seinem Kusse wund.

Konnt' nicht vergessen all' ihr Tag,
Wer auch in ihren Armen lag,
Des Teufels Zärtlichkeit; es schien
Der Kühnste ein Eisblock gegen ihn.

Es hatt' von seiner Höllenglut
Sich mitgeteilet ihrem Blut,
Und manchem Knaben wurde bang,
Wenn ihn die Teufelsbraut umschlang.

Bald mied der eine aus Furcht ihr Haus,
Den andern warf sie selbst hinaus,
Weil ihrer höllischen Liebesbegehr
Keiner Mutter Sohn genügte mehr.

Saß bald allein in ihrer Stub',
Und sich in ihre Träume vergrub,
Dabei trotz allem ihrem Gram
Ihre Jugend und Schönheit ab nicht nahm.

So saß sie wieder still einmal
Allein in ihrem Minnesaal,
Als sie ein Klopfen an der Thür
Aus ihrem Brüten schreckt herfür.

Stand da ein großer, schöner Mann,
War so was königliches dran,
Hatt' so eine große, freie Manier,
Trat auf ganz ohne Scheu und Zier.

Er sprach sie an, so von oben herab,
Schien nicht, daß er sich was vergab;
War nicht freundlich und war nicht grob,
Daß sie ward schier befangen darob.

Er hatt' ein schwarzes Augenpaar,
Und kurzes, dunkelschwarzes Haar,
Eine Haut fast wie Mahagoniholz,
Und trug den Kopf gerad und stolz.

Kein Stündlein waren sie beisamm,
Da war sie schon ganz Feuer und Flamm.
Er war der Schönste und der Best',
Der je gewesen in ihrem Nest.

Wollt' ihn zuletzt nicht lassen frei,
Sollte ihr sagen, wer er sei.
Er aber lächelte nur schlau,
Das wüßt' er selber nicht genau.

So ihr Begier und ihr Begehr,
Wußt er zu reizen immer mehr,
Bis er so weit sie kirre hatt',
Daß sie sich weinte herzlich satt.

Da sprach er: Weiberthränen, ach,
Den stärksten Ritter machen schwach,
Und ich sollt' euer widerstehn?
Will euch nicht länger weinen sehn.

Zwar, wer ich bin; und wie ich heiß',
Das darf ich geben niemals preiß,
Doch wollt' mein Ehgemahl ihr sein,
Lad' ich zu eitel Glanz euch ein.

Da war es mit den Thränen aus,
Schlug um gleich in ein Freudenbraus;
Sie ging am liebsten gleich vom Platz
Zum Herrn Pastor mit ihrem Schatz.

Kaum aber an den frommen Mann
Hatt' sie gedacht nur, als es rann
Schon eiskalt über die Leber ihr,
War ohnmächtig geworden schier.

Sie wußt', das auf dem Pastorat
Man nichts ohne Papiere that.
Und ach, schon lange stimmte nicht
Ihr Taufschein mehr mit dem Gesicht.

Sie war wohl an die fünfzig und mehr,
Sah aus, als ob sie neunzehn wär',
Was selbst den allerfrömmsten Mann
Zu einem Ungläubigen machen kann.

Da seufzte sie aus Herzensgrund:
Was schloß ich auch den Teufelsbund,
Es muß nun alles an das Licht,
Und weiß er's erst, nimmt er mich nicht.

Doch kaum der Seufzer ihr entschwand,
Ward weiß vor Schreck sie, wie die Wand.
Ihr Schatz hatt' sich verwandelt ganz,
Hatt' einen Huf und Ringelschwanz.

Grinste und sprach: Es gilt der Pakt!
Der Teufel braucht keinen Ehekontrakt.
Das Kirchlein wird auch nie gebaut,
Wo ein Pastor den Teufel traut.

Schlug ihr den schwarzen Mantel um,
Sie ließ ihn machen, steif und stumm.
Dann ging mit Stank und Höllenbraus
Die Hochzeitsfahrt zum Schlot hinaus.


  Gustav Falke . 1853 - 1916






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Die Teufelsbraut, Gustav Falke