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Gedichte, Lyrik, Poesie

Ernte
162 Bücher



Hugo Salus
Ernte . 1. Auflage 1903



Gang durch die Mondnacht

Du hast die Wunder einer Sommernacht
Noch nie mit gläubigem Herzen durchgenossen?
So folge mir! Heut' fühlst du ihre Macht.
Reich' mir die Hand; heut' ist die ganze Pracht
Des weichen Zaubers auf die Welt gegossen.

Sprich nicht zu laut und dämpfe deinen Schritt!
Da wir den Schlummer dieser Stadt durchschreiten,
Folgt uns ein Schwarm von Geistern, Tritt auf Tritt,
Und unsere Schatten huschen glücklich mit
Und freu'n sich, durch den Mondenschein zu gleiten.

Nun steh' und horche in die Nacht hinein!
Hörst du der Stille unergründlich Rauschen,
Als sänge flimmernd so der Mondenschein?
Das sind der Nacht geheime Melodei'n,
Daraus die Dichter ihre Lieder lauschen.

Des Marktes Häuser steh'n als wie im Traum,
Verwundert hallt der Schritt vom Pflaster wieder.
In tiefem Schlafe steht der Lindenbaum,
Und in des Beckens flockigen Silberschaum
Am Rolandsbrunnen rauscht das Wasser nieder.

Du bist bewegt! Schon zittert deine Hand!
Der sanfte Rausch des klaren Mondgeflimmers
Hat deine kühle Seele übermannt,
Daß sie zum Flug die scheuen Flügel spannt
Empor in's ewige Reich des seligen Schimmers.

Nun sind wir vor der Stadt, im freien Feld.
Du kniest und hast die Arme weit gebreitet
Und staunst durch Tränen auf zum Sternenzelt!
Steh' auf! Der Ost erglüht. Schon harrt die Welt
Der neuen Wunder, die der Tag bereitet!


  Hugo Salus . 1866 - 1929






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Gang durch die Mondnacht, Hugo Salus