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Hugo Salus
Ernte
. 1. Auflage 1903
Puppentheater
Zwischen zwei Akten des Puppenspieles lehnen die Puppen schlaff an der Wand,
Aber sie schmähen voll bittern Gefühles über des Meisters lenkende Hand.
Sagt der König: "Plumper Geselle! zerrt an den Drähten und bildet sich ein,
Daß sein Wille die Muskeln mir schwelle! Ich bin der König! Die Herrschaft ist mein!"
Sagt der Ritter: "Mein Schwert will ich schwingen, und mein zürnender Mut drängt zur Tat,
Und mein kühnes Werk wird gelingen! Ich zerbreche den schmählichen Draht!"
Sagt der Pfaffe: "Der Tag, er wird kommen, daß die teuflische Fessel fällt.
Durch die heißen Gebete der Frommen wird die Tücke des Teufels zerschellt!"
Lispelt der Page mit heißem Blicke: "Nein, die Liebe gibt mir die Kraft,
Und ich zerbreche den Draht in Stücke nur durch Liebe und Leidenschaft."
Seufzt die Prinzessin, zum Pagen lugend, und ihr Gesichtchen leuchtet vor Huld:
"Ewig währt meine Liebe und Tugend. Ich ertrage mein Los mit Geduld."
Kasperl lacht: "Ich weiß nichts von Drähten. Mich zerrt niemand. Ich tu, was ich will.
Will ich gehn, ich brauch' nicht zu beten. Jetzt will ich liegen. Ihr seht, ich lieg' still."
Da hebt sich der Vorhang. Da werden sie stille. Sie erheben sich stumm von der Wand,
Und des Meisters spielender Wille lenkt die Puppen mit sicherer Hand ...
Hugo
Salus . 1866 - 1929
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