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Hugo Salus
Gedichte
. 1. Auflage 1898
Der Reimkünstler
A. L. gewidmet.
Im bunten Gauklerkleide
Aus Samt und heller Seide
So tret' ich vor euch hin.
Mit meinem Korb voll Worten
Beweis' ich aller Orten,
Daß ich ein Künstler bin.
Die Worte stehn, ihr Lieben,
Auf Kugeln aufgeschrieben
Von Farben aller Art.
Nun seht auf meine Hände,
Ich wähle draus behende
Stets Farben, gleichgepaart.
Mit meinen raschen Griffen
Nicht gleich euch zu verblüffen
Nehm' ich erst zwei und zwei;
Ich werf' sie in die Höhe
Und prüfe erst und sehe,
Ob ich bei Stimmung sei.
Noch nie so gut, wie heute!
Nun merkt auf mich, ihr Leute,
Schaut meiner Bälle Schatz!
Aus einer Hand zur andern
Seht durch die Luft sie wandern
Und wechseln ihren Platz.
Nun fliegen zehn, nun hundert;
Je mehr ihr euch verwundert,
Je sichrer meine Hand!
Sie kommen hoch im Bogen
Zur andern Hand geflogen,
Und keins fällt in den Sand.
Von all dem Kugelschwirren
Will's vor den Augen flirren,
Und Schwindel faßt euch an?
Ich bitt' euch, schaut genauer!
Euch faßt ein Wunderschauer,
Ihr seid in meinem Bann!
Ihr hört die Kugeln singen,
Ihr hört die Bälle klingen,
O, wundersüßer Klang!
Ein Zauber in den Lüften!
Vor Farben, Klängen, Düften
Wird euch die Seele bang!
Bewundert meine Stärke!
In solchem Feuerwerke
Bin Meister ich allein!
Steht, lauft mir nicht von dannen!
Die Seelen zu entbannen
Kassier' ich Groschen ein.
Ihr wollt auch Sinn beim Spiele?
Entfesselte Gefühle,
Ein lyrisch Dichterlied?
O, Undank ohne Gleichen!
Wahrhaftig, sie entweichen!
Und ich bin matt und müd'!
Hugo
Salus . 1866 - 1929
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