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Hugo Salus
Glockenklang
. 1. Auflage 1911
Conrad Ferdinand Meyer
Auf meinem Schreibtisch ein Vierteljahrhundert,
Stets gleich geliebt, stets wärmer bewundert,
Liegen in ihrem braunen Gewand
Die "Gedichte" von Conrad Ferdinand.
Du mein Winterabendbuch, du mein Sommertagsbrevier,
Wie ein Sohn seiner Mutter, soviel dank' ich dir!
Und hab' dich noch niemals aufgeschlagen,
Daß du mir nicht konntest was Neues sagen!
Oft, wenn mir ein Vers nicht gelingen wollte,
Wenn ein Reim mir nicht klang, wie er klingen sollte,
Legt' ich mein unbeholfenes Blatt
Über Nacht in dies Buch, das den Zauber hat,
Und tat dies nicht spielend, ich tu es noch heut;
Manch unkluger Vers ward drinnen gescheut
Und ward beholfen und schlank manche Zeile:
Mein Züricher Meister ward ihr zum Heile!
Nun kommt ihr gar oft, ihr jungen Dichter,
Ich sei eurer Kunst ein Weiser und Richter!
Hab' großen Zulauf und kleinen Dank:
Wer singt nicht als Junger und hält's für Gesang
Und ahnt nicht einmal, welche Kunst das sei!
Da stand mir gar oft mein Meister bei;
Ich gab ihn den Singknaben oft zum Begleiter:
Den lies erst und dann, wenn du Mut hast, dicht' weiter!
Hugo
Salus . 1866 - 1929
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