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Hugo Salus
Glockenklang
. 1. Auflage 1911
Hiobs Versuchung
In meiner Hütte, in meiner Einsamkeit, auf meinen Knien
Hab' ich anbetend immer wieder deinen Namen geschrien,
O Herr, du Einziger, du in dir Geeinigter, höre mich,
Ich hoffe, ich vertraue, ich baue auf dich,
Denn ich bin elend und du bist der Herr, der Alleinige!
Gib mir Kraft, daß mein Ich mich nicht peinige,
Mein Ich, das mich versucht Nacht wie Tag,
Und das nichts anderes mag, als zu dir emporsehn,
In dir aufgehn!
Und ich sah auf zu dir und ich neigte mich.
Warum, o Herr, versuchst du mich durch dich?
Was läßt du mich fühlen, wie hundertfältig zerrissen ich bin,
Hart und weich, böse und gut, Herz und Sinn,
Glut und Eis, Feigheit und Mut, Schmerz und Lust
In der hoffenden und verzweifelnden Brust?
Was macht meine Tage und Nächte friedlos wach?
Dein Einssein drückt und zerdrückt meiner Hütte Dach!
Daß du einzig bist, alleinig, in dir geeinigt,
Ist's, was mich peinigt!
Daß du der Frieden bist, ich die gehetzte Flucht,
Das neid' ich dir in quälender Eifersucht,
Das ist's, was nagend an meinem Glauben frißt,
Was mein Haus zerdrückt, meine Brust erstickt!
Gib mir ein Zeichen, o Herr, daß du nicht einig bist!
Daß du nicht wunschlos bist, du mein Glauben du,
Nicht in dir geeinigt in träger Ruh!
O Herr, ich schreie zu dir, erhöre mich!
Auf wunden Knieen bitt' ich dich...
Hugo
Salus . 1866 - 1929
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