Ragusaner Klosterkreuzgang

Den Franziskanerkreuzgang in Ragusa,
Ein Wunderwerk von zierer Säulenkunst,
Sprengt fast die Üppigkeit des Klostergartens
Die Palmen und Agaven und Zypressen,
Die Lebensbäume, der Orangenbaum,
Der voller saftgeschwellter Kugeln prangt,
Sie wissen nicht, daß sie im Kloster leben,
Und dünken sich in einem Paradies.
Und doch schaun ernst und lebenabgekehrt
Der Mönche Zellenfenster in den Kreuzgang.
Nur einer von den Mönchen, - laß mich glauben,
Daß er noch jung ist, jung und mit den Augen
Des Bruders Orgelspieler von Giorgione -
Hat vor sein Fensterchen im Klosterkreuzgang
Ein Vogelbauer aufgehängt, drin flattert
Ein Vöglein an die Stäbe, wie ein Seelchen,
Und fühlt den Frühling, der im Garten blüht.
Gewiß, der Mönch ist jung! Denn, sieh, Geliebte,
Ein Schwälbchen fliegt vom Garten her zum Käfig,
Du sagst, es sei ein Weibchen, fliegt zum Käfig
Und spricht mit jenem Vogelmönch im Bauer
Und winkt und nickt und grüßt, fliegt hin und wieder
Und bringt ihm Grüße aus dem üppigen Garten,
Grüße voll Sonnenschein und Licht und Luft
Und bringt ihm Gruß und Trost aus Lenz und Leben ...


  Hugo Salus . 1866 - 1929

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