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Hugo Salus
Neue
Garben . 1. Auflage 1904
Das Ständchen
Und eh' die Sonne schlafen ging,
Der junge Mönch sein Lied anfing
Der Mutter Gottes zu singen.
Erst flattert das Lied an der Zellenwand,
Hat dann seine Flügel ausgespannt,
Sich hoch in den Himmel zu schwingen.
"Du Mutter Gottes", so fing es an,
"Du reine Jungfrau", so klang es dann,
"Du Reinste und Schönste von allen!
"Mein armes Leben weih' ich dir,
"Ein einzigmal nur lächle mir
"Und laß dir mein Lied gefallen!
"Du schöne, du heißgeliebte Magd,
"Mein ganzes Sehnen sei dir geklagt,
"Du sollst dein Ohr mir neigen!
"Maria!" - die Hände breitet er -
"Nun hat mein Lied keine Worte mehr,
"Maria, nun höre mein Schweigen!"
Der ganze Himmel in rotem Flor ...
Die Mutter Gottes, sie tritt hervor,
Um sie der Englein Gewimmel.
Sie lächelt und langt in das Rot hinein,
Wirft Rosen dem Mönch in sein Kämmerlein ...
Rote Wölkchen schwimmen am Himmel.
Hugo
Salus . 1866 - 1929
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