162 Bücher
|
Hugo Salus
Neue
Gedichte . 1. Auflage 1899
Der Bürgerssohn
A. D. XXV. p. Chr. n.
Des David, unsres Zimmermalers Sohn,
Und Mirjams Tochter, diese Bettelliese,
Dann Saul, taglöhnernd um geringen Lohn,
Und Japhet, Wächter der Gemeindewiese,
Und der und der, Gesindel durch die Bank,
Seit dieses Jesus Worte sie verwirrten,
Gehn sie einher, ich nenn' es: geisteskrank,
Sie aber nennen sich "die Inspirierten".
Ward so was je erlebt! Der Schwachkopf Saul,
Den stets zur Arbeit Flüche erst und Hiebe
Und Strafen zwangen, weil er dumm und faul,
Spricht jetzt herum von Gott und Menschenliebe,
Sein Auge glüht, er ballt die Hand zur Faust,
Und spricht in Wendungen, gleich jungen Dichtern,
Und hört nicht auf, wenn ihn der Büttel zaust,
Und wird nicht, selbst bei Brot und Wasser, nüchtern!
Und Mirjams Tochter, - sie ist gut gebaut
Und üppig unter dem zerfetzten Mieder -
Hat meiner Hand zu wehren sich getraut
Und hob zornbleich und drohend ihre Lider!
Was ihr vor wenig Wochen noch ein Glück
Gedeucht, das nennt sie jetzt Gemeinheit,
Weist mich, den reichen Bürgerssohn, zurück
Und faselt was von jungfräulicher Reinheit!
Auf einmal kriegt dies Bettelvolk Gefühl;
Sie sind ganz toll, und störrisch die Gemüter.
Man hat erzählt, dies sei ihr letztes Ziel:
Gleichheit des Stands und Teilung aller Güter.
An alledem ist dieser Jesus schuld!
Und, selbstverständlich, unsere Behörden
Seh'n seinem Treiben zu mit Schafsgeduld:
Gott weiß allein, was alles draus soll werden!
Hugo
Salus . 1866 - 1929
|
|