Gedichte.eu Impressum    

Gedichte, Lyrik, Poesie

Neue Gedichte
162 Bücher



Hugo Salus
Neue Gedichte . 1. Auflage 1899



Die Uhr

Ich seh vom Fenster eine Straßenuhr,
Die als sein Schild ein Uhrenhändler führt,
Durch dürre Zweige so bis Mitte Mai,
Bis die Allee zum Frühlingsblühn erwacht.
Ganz deutlich auf dem weißen Zifferblatt
Seh ich die dicken Knospen dann gedeihn,
Bis eines Tags die römische Sechs verschwindet,
Weil just ein keckes Reis die Knospen brach.
Zu Anfang Juni, wenn die Blumenmädchen
Mit duftigen Körben an den Ecken stehn,
Und auch mein städtisch Frühlingsherz erwacht,
Verschwindet schon ein Viertel meiner Uhr,
Nur kurz erscheinend, wenn ein Windstoß fährt.
Im Juli wiegen sich auf linden Lüften
Viel tausend grüne Blätter hin und her
Und decken mir das halbe Zifferblatt
Mit dichtem Schleier, und ein kecker Zweig,
Wie übermütig Blätterfähnchen schwingend,
Dreht sich bedenklich fast zur XII hinauf.
Jetzt im August, da ich sehr früh erwache,
- Denn heute, heute endlich kann ich fliehn
Und atme morgen schon des Waldes Hauch
Auf hohen Bergen und der Matten Duft -
Ist mir die ganze Uhr wie in ein Grab
Hinabgesunken und die Zeit mit ihr:
Und morgen seh ich Wiesen, Wälder, Alpen!


  Hugo Salus . 1866 - 1929






Gedicht: Die Uhr

Expressionisten
Dichter abc


Salus
Gedichte
Neue Gedichte
Reigen
Ehefrühling
Ernte
Neue Garben
Die Blumenschale
Glockenklang
Die Harfe Gottes

Intern
Fehler melden!

Internet
Literatur und Kultur
Autorenseiten
Internet





Partnerlinks: Internet


Gedichte.eu - copyright © 2008 - 2009, camo & pfeiffer

Die Uhr, Hugo Salus