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Max Dauthendey
Insichversunkene
Lieder im Laub . 1. Auflage 1911
Zwischen Bleiben und Scheiden ist die Lust stets gestellt
Herbsthimmel kommt an den Berg geflossen,
Er ist wie blaues Öl kühl ausgegossen.
Herbstsonne glättet Weinhügel und Land,
Ferne Berge zerschmelzen wie Wachs in der Hand.
Die Grillen zirpen in Ewigkeit,
Im Rasen summt noch die Sommerzeit.
Doch den Bäumen hängen zwei Wesen jetzt an:
Von der Südseit der Sommer nicht weichen kann,
Und vom Norden rauscht schon ein tötender Wind,
Wie Nachtreste kalt alle Baumschatten sind.
Mit Deiner einen Wange die Sonne noch scherzt,
Auf der andren schon die Winternacht schmerzt.
Zwischen Bleiben und Scheiden ist die Lust stets gestellt,
Die eine Hand die Liebste herzt,
Die andre Hand schon die Türklinke hält.
Max
Dauthendey . 1867 - 1918
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