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Max Dauthendey
Weltspuk
. 1. Auflage 1910
Weltspuk
Wir erstiegen, im Abenddunkel, Steinwege nach Westen,
Sahen den Himmel wie einen Spiegelsaal liegen,
Und die Sterne erschienen im grünlichen Quecksilbergefunkel,
Wie ein Gewimmel metallischer Fliegen.
Eine schwarze Wolke, wie Tinte ausgegossen,
Stand vor dem Glanz, wie ein Fisch mit düstern Flossen;
Und der Milchstraße glitzernder Drachenschwanz
Schleifte nach sich eine verwilderte Lichtermasse,
Daß unser Verstand fortschweifte und sich die Worte verwischten
Und klangen, wie ein dünner Hammer auf hohlem Fasse.
Wir gingen über die Hügel unter den Ländern der Abendwolke,
Gleichwie in kümmerlichen Gewändern und gleich blinden Verirrten,
Verbrüdert mit dem Erdreich und dem Fledermausvolke,
Deren Flügel uns zur Seite schwirrten.
Der Steinweg kletterte in die dunkle Feldseite,
In das Maul des Himmels, das weit aufgerissen,
Als lagen Titanen dort ohne Gewissen
Mit den alten Manen der Götter im Streite.
Ein mächtiger Stern, hell geschleudert von unsichtbaren Gestalten,
Fiel voll Hitze grell und mußte dunkel erkalten.
Wir standen in seinem Lichtblitze auf der Erde Kruste
Und versanken, wie der Stern, ins Unbewußte.
Wir bestaunten das Leben wie eine große Kinderpuppe
Und erwarteten einen Schrei der Sternengruppe,
Aus deren Mitte sich einer zu Tode fiel.
Doch lautlos und einerlei
Trieb die Nacht ihr verwegen Spiel,
Verbrannte Welten, wie eines armen Menschen Hirn und Haus,
Und rannte alte Sterne um und teilte neue Sterne aus.
Max
Dauthendey . 1867 - 1918
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