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Christian Morgenstern
Melancholie
. 1. Auflage 1906
Der Gärtner
Ich
seh' ihn täglich schalten
von meiner Trambahnfahrt,
den irren Tolstoi-Alten
mit weissem Haar und Bart.
Er recht mit seinem Rechen
das dürre Laub zuhauf,
er kann den Spaten stechen,
als grub' ein Grab er auf.
Er kehrt auf den Beeten den Mist um,
wann Winterfröste drohn,
er denkt an Jesum Christum,
der Erde tiefen Sohn.
Er war dereinst ein Grosser
und tat der Erde weh;
jetzt ist er Gärtner blosser
im Kurhaus Halensee.
Er steht auf seinen Spaten
gelehnt und murmelt leis;
er kann der Welt entraten,
er weiss, was niemand weiss
Er streut den Vögeln Futter,
kennt all die Pflänzlein zart.
Die grosse Erdenmutter
sein Ein und Alles ward.
Er kehrt auf den Beeten den Mist um,
wann Winterfröste drohn.
Er denkt an Jesum Christum,
der Mutter tiefen Sohn.
Christian
Morgenstern . 1871 - 1914
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